Samuel Hess: A/B-Testing vergleicht immer nur zwei Versionen einer Website miteinander. Stehen beispielsweise drei oder vier verschiedene Optionen zur Debatte, beginnen erfahrene Tester:innen mit der Variante, von der sich alle Beteiligten den stärksten Uplift – also die größte Umsatzsteigerung – versprechen. Alle weiteren Versionen des Onlineshops müssen anschließend in separaten Tests überprüft werden. Theoretisch ließen sich auch 10 Varianten gleichzeitig testen, bei den meisten Shops ist das jedoch wenig sinnvoll und würde auch sehr lange dauern.
Hinzu kommt, dass sich auch die einzelnen Varianten am besten in kleinen Inkrementen testen lassen: Verändert das A/B-Testing zu viel auf einmal, wird es schwer, festzustellen, was welchen Effekt auslöst. Angenommen, wir stellen neue Produktbilder ein und entfernen auf der Produktübersichtsseite gleichzeitig die Preise: Wenn mehr User:innen von dieser neuen Übersichtsseite aus zu einzelnen Produktseiten weitergehen, sagt uns das nichts darüber, welche dieser beiden Anpassungen für das Ergebnis verantwortlich ist.
Ist eine der Anpassungen sehr positiv und die andere leicht negativ, sehen wir dabei auch nicht, dass wir eigentlich gerade Verschnitt produzieren – wir sehen ja nur die Summe aller Effekte. Daher bedeutet professionelles A/B-Testing eigentlich immer eine ganze Testreihe: Erst wenn feststeht, dass die neuen Produktfotos die Conversion Rate verbessern, können wir in einem zweiten Schritt die Preise entfernen und prüfen, wie sich das auswirkt.
Da wir für jeden dieser Schritte eine eigene Testphase einkalkulieren müssen, ist umfassendes A/B-Testing ein Prozess, der die Onlineshop-Optimierung langfristig und kontinuierlich in kleinen, dafür aber auch sehr präzisen Schritten vorantreibt. Denn Optimierung ist ein immerwährender Prozess: Trends, Märkte und Kaufverhalten ändern sich mit der Zeit – entsprechend empfehlen wir Unternehmen, am besten durchgängig zu experimentieren und zu testen.
Was sollten Onlineshop-Betreiber:innen bei der Entwicklung ihrer Teststrategie beachten?
Samuel Hess: Effiziente Onlineshop-Optimierung lebt von der Balance zwischen Gründlichkeit und strategischem Abwägen. Nicht alles, was man an deinem Onlineshop ändern könnte, muss im Vorab getestet werden. Anpassungen am Kontaktformular oder am Helpcenter können Unternehmer:innen zum Beispiel direkt vornehmen. Zum einen wirken sich diese Seiten nicht stark auf den Kaufabschluss aus – die User:innen, die diese Bereiche nutzen, wollen schließlich nicht kaufen, sondern Informationen einholen – und zum anderen würde ein A/B-Test an dieser Stelle nur den Kund:innensupport durcheinander bringen.“
Um unnötige Tests zu vermeiden, würde ich für Onlinehändler:innen, die sich für professionelles A/B-Testing interessieren, drei Tipps geben. Wägt erstens die Kosten von realistisch gegen den Nutzen ab und beschränkt datengestützte Optimierungsmethoden zweitens immer auf die Bereiche der Customer Journey, die ihr in euren Onlineshops auch wirklich gut tracken könnt.
Drittens – und das ist so ein bisschen die Kirsche auf dem Eisbecher – lohnt es sich, nach einer Agentur Ausschau zu halten, die Expertise im Bereich Psychologie mitbringt, denn das erleichtert das Aufstellen von Hypothesen. In Rücksprache mit den Marketing-Expert:innen im Unternehmen können Expert:innen für Verkaufspsychologie Profile der jeweiligen Zielgruppen erstellen, auf denen die „wenn-dann“-Vermutungen hinter den Tests basieren.
Titelbild von Mollie Sivaram. Weiteres Bild von Markus Winkler.