Mal ganz abgesehen von den Bestellungen selbst: Wie können Unternehmer:innen herausfinden, welcher Content ihre Zielgruppen interessiert?
Jakob Gerzen: Es gibt zwei Key Performance Indicators (KPI), die Unternehmer:innen für datengestütztes E-Mail-Marketing im Blick behalten sollten. Zum einen wäre da die Unsubscribe Rate, also die Zahl der Empfänger:innen, die einen Newsletter abbestellen. Je höher diese Zahl, desto mehr Anreize für das Beibehalten des Newsletters sollte ein Unternehmen schaffen – beispielsweise durch exklusive Rabatte für Abonnent:innen oder indem es die Leser:innen als erste über neu eingetroffene Produkte und Sales informiert.
Zum anderen lohnt es sich, die Click-Through-Rate zu tracken. Das ist die Zahl der User:innen, die in einer Werbemail tatsächlich auf einen Link oder ein Angebot klicken. Je höher diese Quote ist, desto genauer ist eine Nachricht auf die jeweilige Zielgruppe abgestimmt. Bleibt die Click-Rate einer Mailingliste konstant hoch, bedeutet das aber nicht nur, dass der Content passt: Das heißt auch, dass es sich rentieren könnte, diese Liste etwas häufiger zu bespielen.
Umgekehrt sollte uns aber auch eine niedrige Click-Rate zu denken geben. Wenn die meisten User:innen die Links in einem Newsletter nur in seltenen Ausnahmefällen öffnen, stimmt irgendetwas ganz grundlegend nicht. Einerseits könnte dahinter allgemeines Desinteresse am Inhalt der Nachrichten stecken – dann stimmt die Segmentierung nicht und wir müssen neu evaluieren, was wir über diese Kund:innen wissen. Andererseits kann aber auch eine zu hohe Mailfrequenz das Problem sein.
Newsletter-Frequenz: Wann und wie oft du Newsletter verschicken solltest
Wie können Onlinehändler:innen herausfinden, ob die Frequenz ihrer Newsletter für ihre Kund:innen passt oder nicht?
Jakob Gerzen: Der einfachste Weg, um diese Daten zu erheben, ist eine Umfrage. Ein kurzes „Hey, bekommst Du zu viele E-Mails von uns?“ reicht da oft schon aus. Die meisten Abonnent:innen freuen sich, wenn sie mit wenigen Klicks etwas dazu beitragen können, dass ihre Newsletter-Experience noch etwas komfortabler wird. Deshalb sind regelmäßige Mini-Umfragen eine sehr einfache Möglichkeit, um zuverlässige Daten darüber zu erhalten, was Kund:innen sich von einem Newsletter wirklich wünschen.
Deutlich kniffliger sieht es da bei der Open-Rate aus. Das ist die eine Kennzahl, die wir im E-Mail-Marketing eigentlich nicht mehr nutzen können, weil uns da Apples mobiles Betriebssystem iOS 15 einen Strich durch die Rechnung macht. Eine hohe Open-Rate, also die reine Öffnungsrate der Mails, zeugt nämlich nicht unbedingt von einer hohen Relevanz des Inhaltes für die Empfänger:innen – viele Apple-Endgeräte verfälschen hier die Ergebnisse, weil sie neue Nachrichten aus allen verknüpften E-Mail-Konten schon einmal für die User:innen vorladen.
Ganz gleich, ob sie am Ende tatsächlich angesehen wurden oder nicht: Im Tracking Report sehen diese Newsletter aus, als wären sie geöffnet worden. So entstehen “Inflated Open Rates”, die sich von echten Marketing-Erfolgen nicht mehr unterscheiden lassen.
Angenommen, die Segmentierung stimmt und ein Unternehmen hat den passenden Content für jede der dabei herausgearbeiteten User:innengruppen erstellt: Wann ist der richtige Zeitpunkt, um diese Werbemails zu verschicken?
Jakob Gerzen: Wenn Informationen über ein neues Produkt oder einen Sale Kund:innen dazu bewegen, in den Onlineshop zu gehen und zuzuschlagen, hat ein Newsletter den richtigen Moment erwischt. Wann das ist, ist allerdings eine extrem individuelle Frage, an die sich die Händler:innen ein bisschen herantesten müssen. Auch dabei spielt das Wissen über die Gewohnheiten der Zielgruppen eine große Rolle. In manchen Branchen gibt es beispielsweise Tage, die routinemäßig für Nachbestellungen verwendet werden – in der Gastronomie wäre das etwa der Montag, an dem viele Betriebe ihren Ruhetag einlegen.
Außerdem müssen wir bei der Auswahl des richtigen Moments für das Verwenden von Marketing-Mails auch stark nach Produkttypen unterscheiden. Artikel wie Druckerpatronen, die im Arbeitsalltag bestellt werden, sollten wir dann bewerben, wenn die Einkäufer:innen gerade im Büro sitzen. Für Lifestyle-Produkte funktionieren hingegen Wochenenden und Feiertage besonders gut, weil die User:innen dann endlich Zeit haben, ihre privaten Mails zu lesen. Außerdem sind die meisten Onlinekäufer:innen vor großen Shopping-Events wie Black Friday, Cyber Monday oder Singles’ Day eher bereit, in einen Newsletter zu schauen – weil sie eben wissen, dass zu diesen Anlässen die besten Rabatte im Umlauf sind.
Interessanterweise hat es sich für viele Onlinehändler:innen aber auch bewährt, ihren Newsletter zum Start in den Feierabend zu verschicken – so gegen 17 oder 18 Uhr an einem Werktag. In vielen Onlineshops lässt sich nämlich beobachten, dass der Umsatz nach einem eher ruhigen Tagesverlauf um diese Uhrzeit plötzlich in die Höhe schnellt. Daher kann es sich durchaus lohnen, die eigenen Bestelldaten auszuwerten: Das macht nicht nur die Stoßzeiten im Onlineshop, sondern auch all jene Produkte sichtbar, die sich zu bestimmten Zeitpunkten besonders gut verkaufen.
Titelbild von Mathyas Kurman. Weitere Bilder von More Conversions und Steven Phillips.